Das WingTsun System

Zuletzt aktualisiert am 4. April 2024 12 Minuten

Ich möchte hier einen Überblick über das WingTsun System geben, der meinem derzeitigen Verständnis entspricht. WingTsun erlernst Du am besten in einer WingTsun Kampfkunstschuleexternal link unter der Anleitung eines fachkundigen Lehrers.

Aller Anfang ist leicht, und die letzten Stufen werden am schwersten und seltensten erstiegen

Goethe

Du kannst die WingTsun Basics recht einfach und schnell erlernen, es zu meistern ist aber ziemlich schwer. Es verlangt langes und ausdauerndes lernen, um letztlich zur Meisterschaft zu gelangen. Warum ich das so sehe, versuche ich dir in diesem Dokument näher zu bringen.

Dem Laien erscheinen häufig die vielen Dinge, die er über WingTsun liest und hört sehr verwirrend. Dabei ist WT recht klar strukturiert. In diesem Dokument beschreibe ich woraus WingTsun  besteht, und welche Ziele mit den einzelnen Bausteinen verfolgt werden. Das hier niedergeschriebene ist meine Sicht auf die Dinge, und weder vollständig, noch fehlerfrei. Wing Tsun zu lernen, bedeutet permanent zu lernen, sich anzupassen und zu verändern, und so ist auch dieser Leitfaden.

Was ist WingTsun?

  • WingTsun ist chinesisches Boxen. Es ist eine Kampfkunst, ich nenne es auch Bewegungskunst. Das bedeutet es schult und schärft das Körpergefühl und die Sinne.
  • WingTsun ist eine Kriegskunst, das bedeutet darauf aus den Gegner zu zerstören: Ihm die Sinne zu nehmen, die Augen, den Atem. Klingt brutal, ist es in letzter Konsequenz auch. Im WingTsun lernst du jeden Zentimeter deines Körpers als Waffe zu benutzen.
  • WingTsun ist vom Grundsatz her angreifend, da man mit Abwehr alleine keinen Kampf gewinnen kann. Es geht darum, mit auf dich einwirkenden Kräften umzugehen die viel größer sind als deine eigenen.
  • WingTsun ist wissenschaftlich, das bedeutet es folgt der Vernunft. Bewegungen müssen einen Sinn ergeben, und ein Ziel verfolgen. Das Argument die Bewegung wird „aus Tradition“ so gemacht, weil es halt schon immer so war, genügt nicht.
  • WingTsun ist stilfrei. Das bedeutet die Konzepte können auf alle möglichen Kampfkunstarten angewendet werden.
  • WingTsun ist ökonomisch. Es geht sparsam mit den eigenen Kräften um. Das System passt sich an den Menschen an, und nicht umgekehrt.
  • Im Lehrbuch steht, das im WingTsun jeder nur erdenkliche Angriff, und die folgenden möglichen Reaktion des Angreifers auf die WingTsun Gegenangriffe im Vorfeld durchdacht werden, ähnlich wie im Schach. Aber dieser Vergleich hinkt meiner Meinung nach. Denn während auf dem Schachbrett Ordnung herrscht, und beide Kontrahenten nach den gleichen Regeln spielen ist der Kampf auf der Straße geprägt vom Chaos, und das ist eben NICHT vorhersehbar oder planbar, und der schlimmste Angreifer den es gibt ist jemand der nichts kann, und womöglich wie von Sinnen ist. Diese zwei Gedanken erscheinen auf den ersten Blick als nicht vereinbare Gegenpole: Der WingTsun Kämpfer muss letzten Endes das Chaos beherrschen, und das mit Methoden des Schachspiels. Geht das? Klingt spannend, nicht?
  • WingTsun besteht aus verschiedenen Elementen oder Säulen. Die vier Wichtigsten sind:
    1. Mottos, Konzepte und Prinzipien
    2. die Formen
    3. Gefühlstraining
    4. und die Anwendungen

Was fasziniert mich am WingTsun?

Auf der einen Seite ist es die Bewegungskunst, die logische Einfachheit und Selbstverständlichkeit der Bewegungen, die einen aber trotzdem motorisch herausfordern. Das fehlen jeglicher Akrobatik- und Showeffekte, das es einem ermöglicht WT auch noch im hohen Alter zu praktizieren ist dabei als Nebeneffekt zu nennen. Die Wissenschaftlichkeit der Konzepte, Mottos und Strategien die WingTsun ausmachen, und die Körper und Geist gleichermaßen fordern. Die praktische Anwendbarkeit, und auf der anderen Seite die philosophischen Aspekte hinter dem System. All das ist einfach faszinierend zu erlernen und zu erleben.

Abkürzung im WingTsun?

Viele Menschen kritisieren, das es so lange dauert bis man WingTsun erlernt hat, und suchen nach Abkürzungen. Vermuten, das dies nur dazu dient den Schüler möglichst lange an die Schule zu binden, um ihm das Geld aus der Tasche zu ziehen. Diese Frage hat mich auch ne Zeit lang beschäftigt. Mittlerweile habe ich einen langen Weg zurückgelegt, und bin zu folgender Erkenntnis gelangt:

  • Ich denke dieser Weg ist nötig, um das wirkliche Wesen des WingTsun zu ergründen und zu verstehen. Wer nicht bereit ist ihn zu gehen, und nach Abkürzungen sucht, wird immer nur die Oberfläche sehen, in Techniken denken, und sich in auswendig gelernten Technikkombinationen verlieren. Für den, der sich darauf einlässt verändert WingTsun mit der Zeit sein Wesen, und den eigenen Körper, und damit auch das Denken und Handeln. Man denkt nicht mehr in Techniken, oder einzelnen Sektionen. Die Dinge wachsen zusammen, es wird Teil von einem.
  • Das Körpergefühl verändert sich. Man wird weicher, beweglicher, flexibler, passt sich automatisch an. Alles wird pure, instinktive Reaktion. Man versteht auf einmal die Zusammenhänge, wo für den Anfänger noch Erklärungen nötig waren.
  • Wichtig für den Weg ist der richtige Lehrer. Ein Lehrer, der es versteht sich  mit der Zeit überflüssig zu machen. Der einen vom einen Ufer des Flusses abholt, und auf der anderen Seite absetzt.

Vielleicht gibt es Abkürzungen. Aber der Schüler im WT ist wie eine Frucht, die den ganzen Prozess von der Befruchtung, über das langsame heranwachsen, über das Reifen am Baum durchlaufen muss, um wirklich gut zu werden. Dabei ist auch wichtig, in welcher Erde die Pflanze steckt. Das volle Aroma entfaltet sie nur wenn alles stimmt. Kürze ich den Weg ab, in dem ich die Frucht zum Beispiel zu früh pflücke, und im Lagerhaus reifen lasse, oder versuche den Prozess durch Chemie zu beschleunigen, wird die Frucht sich im Geschmack verändern, vielleicht fade, verwässert schmecken.

Ich spüre das an mir selber zB anhand der Formen. Jetzt als 1. TG läuft die 1. Form sehr rund, und ohne nachzudenken. Die 2. Form verändert langsam ihren Charakter und wird lebendiger, dynamischer, durch das setzen anderer Akzente, die ich auch durch das erlernender dritten Form bekommen habe. In der dritten Form fühle ich mich wie ein Anfänger der zum ersten den ersten Satz der Siu NimTao durchläuft. Alles ist irgendwie bekannt, aber doch vollkommen neu.

WT zu lernen ist ein Genuss, es ist ein Prozess bei dem der Weg das Ziel ist.

Zu den Begriffen

Wenn man WingTsun lernt, wird man — wie in jeder Kampfkunst — einer Menge Wörter begegnen, die einem erst mal fremd erscheinen. Es macht aber Sinn sie zu erlernen. Deshalb ist das hier auch eine Auflistung der wichtigsten Begriffe. Das Verständnis wächst im Laufe der Zeit, durchs Kennenlernen der dahinter liegenden Konzepte und Bewegungen.

  • Schreibweise
    • Begriffe können in verschieden Publikationen anders geschrieben sein. Die Unterschiede entstanden durch die Übersetzung vom Chinesischen ins Deutsche. Beispiel: Sao oder Sau. Die Schreibweise ändert sich, die Bedeutung bleibt gleich.
  • Aussprache
    • Das S in Sao wird scharf gesprochen. Durch die englische Umschrift, spricht man Jum-Sao nicht Jumm-Sao sondern Dschamm-Sao.
  • Warum chinesische Begriffe verwenden?
    • Mit den chinesischen Wörter lassen sich ganze Bewegungsfolgen kurz und knapp beschreiben.
    • Erleichtert die Kommunikation.
    • Prima für Mitschriften.

Übersicht über das WingTsun System

WingTsun entwickelte sich ja bekanntlich in China. Daher ist es unerlässlich sich zu mindestens grundlegend mit dem Daoismusexternal link zu befassen.

Formen

  • Siu-Nim-Tao - Kleine Idee - Form (8 Sätze)
    • Saam-Pai-Fut - dreimalige Verehrung Buddhas im 3.Satz SNT
  • Cham-Kiu - Suchende Arme Form bzw. Brücken Arme (8 Sätze)
  • Biu-Djie - Stoßende Finger Form (8 Sätze)
  • Muk-Yan-Chong / Mok-Yang-Jong - Holzpuppenform (8 Sätze)
    • Chong - Holzpuppe
  • Luk-Dim-Boon-Kwan - Langstockform
  • Bart-Cham-Dao - Die 8 Wege der Doppelmesser

Chi-Sao

  • Chi-Sao - Klebende Hände - Klebende Arme, Reflextraining, Sensibilisierend
  • 19 Chi-Sao Sektionen
    • 7 Sektionen in der Siu-Nim-Tao und Cham-Kiu
    • 4 Biu-Djie Sektionen
    • 8 Chi-Sao Holzpuppensektionen

Dan-Chi - Einarmiges Chi-Sao

Dan-Chi, kurz für Dan-Chi-Sao oder Chi-Dan-Sao.

  • Poon-Sao - rollende Hände, Chi-Sao Grundzyklus
  • Chi-Gerk - Chi-Sao für die Beine (…siehe Mui-Bou)
  • Chi-Kwan - Klebender Stock
  • Taktiles Reaktionstraining

Lat-Sao

  • Lat-Sao - Partnerform, Freikampf
  • Pak-Sao Zyklus
  • Kampfanwendungen
  • Nuk-Sao - Standkampf, Freikampfübung
  • Gleichzeitigkeiten
  • Optisches Reaktionstraining

Techniken / Bewegungen

  • Biu-Tze-Sao / Biu-Sao - Finger Technik
  • Bong-Sao - Schwingenarm
  • Chang-Sao - Spatenhand
  • Ding-Jarn - Ellbogenstoß
  • Fak-Sao - Fegend schlagender Arm
  • Fook-Sao - Brückenarm
  • Gaun-Sao / Gan-Sao - Schneidender Arm, Abwehr gegen tiefen Angriff
  • Gum-Sao - Drückende Hand
  • Huen-Got-Sao - rotierende, schneidende Hand
  • Huen-Sao - Zirkelhand
  • Ju-Cheung - seitlicher Handflächenstoß
  • Jum-Sao - sinkender Ellenbogen
  • Jut-Sao - Schockhand
  • Kau-Sao - Zirkelarm
  • Kwaan-Sao - rotierende Arme
  • Noi-Bong-Sao - innerer Bong-Sao

Kuen / Faust

  • Kuen-Sao - Fauststoß
  • Kuen-To - (kleine & große) Boxform
  • Kwai-Jarn - 45° Ellbogen von oben, aus Biu Tze
  • Kwun-Sao - Rotierende Arme
  • Lan-Sao - Riegelarme, aus Cham-Kiu (…siehe Pie-Jarn?)
  • Lap-Sao - Greifende und/oder ziehende Hand, kurzer, scharfer Zug
    • Zerstört das Gleichgewicht und die Struktur des Gegners.
  • Lau-Sao - Schöpfender Arm
  • Lin-Wan-Kuen - Kettenfauststöße
  • Mang-Geng-Sao - Nackenzugtechnik
  • Man-Sao - vordere Hand, suchende Hand
  • Muk-Yan-Chong-Fa - Holzpuppentechniken
  • Pak-Sao - Schlagende Hand, Abwehr mit der Handfläche
  • Pie-Jarn - Doppelter horizontaler Ellenbogen aus Chum-Kiu, Hacking Ellbow (Siehe Lan-Sao) ??
  • Shat-Geng-Sao / Saat-Geng-Sao - Kehlkopfschlag
  • Tan-Sao - Handfläche-oben-Hand, abgleitende Hand, splittende Hand
  • Tok-Sao - Hebende Hand
    • Gegner am Ellbogen anheben, um ihn zu schlagen oder aus dem Gleichgewicht zu bringen.
  • Tut-Sao - Befreiende Arme
  • Wu-Sao - hintere Hand, schützende Hand (Arm)
  • Yat-Chi-Kuen - Vertikale Faust

Ellenbogen

  • Hau-Pai-Jarn - Ellenbogenschlag nach hinten
  • Chin(Shan)-Pai-Jarn - Ellenbogenschlag nach nach vorne
  • Yik-Pai-Jarn - Ellenbogenschlag rückwärtig
  • Chan-Pai-Jarn - Ellenbogenschlag vorwärts schneidend

Schrittarbeit

“In jedem Schritt steckt ein Tritt, und in jedem Tritt ein Schritt”

  • Yap-Gerk - Abwehr, Schienbein nach außen

  • Bong-Gerk - Abwehr mit dem Schienbein nach innen

  • IRAS / Yi-Dji-Kim-Yeung-Ma-Stand

  • Wendung

  • Drehung

  • Kampfstand

  • Verfolgungsschritt / Vorwärtsschritt

  • Kreuzschritt

  • Zirkelschritt

  • Kwun-Ma - Langstockstand

  • Jik-Chang-Gök - Vorwärtstritt

  • Wang-Chang-Gök - Seitwärtstritt

  • Che-Chang-Gök - gedrehter Tritt

  • Erste Schrittkombination

  • Zweite Schrittkombination

  • Mui-Bou - Pflaumenblüten Schrittarbeit (…siehe Chi-Gerk ?)

Graduierungen / Ausbildungsstufen

  • 12 Schülergrade (1. - 12.SG)
  • 4 Lehrgrade / Höhere Grade (veraltet: Technikergrade) (1. - 4.HG)
  • 4 Praktikergrade / Meistergrade (5. - 8.)
  • 4 Großmeistergrade (9. - 12.)

Kuen Kuits - Mottos und Konzepte

  • Nase-Nase Prinzip
  • Schwere Ellenbogen
  • Die wiedergeborene Kraft
  • Pflücke die Frucht, oder der reißende Zwirnfaden
  • Das Zonen Prinzip
  • Kraftprinzipien
    1. Mach dich frei von deiner eigenen Kraft.
    2. Mach dich frei von der Kraft deines Gegners.
    3. Verwende die Kraft des Gegners gegen ihn selbst.
    4. Füge zu der Kraft des Gegners deine eigene hinzu.
  • Kraftsätze
    1. Ist der Weg frei, stoße vor.
    2. Ist der Weg versperrt, bleibe kleben.
    3. Ist die Kraft des Gegners größer, gib nach.
    4. Zieht der Gegner sich zurück, folge ihm.
  • weitere Kuen Kuits

Familienverhältnisse

  • To-Dai -Anhänger, Schüler
  • Si-Hing - älterer Wing Chun Bruder
  • Si-Je - ältere Wing Chun Schwester
  • Si-Dai - jüngerer Bruder
  • Si-Mui - jüngere Schwester
  • Si-Fu - väterlicher Lehrer, persönlicher Lehrer
  • Si-Pak - älterer Bruder vom Si-Fu
  • Si-Suk - jüngerer Bruder vom Si-Fu
  • Si-Gung - der Wing Chun Großvater
  • Si-Jo - der Wing Chun Urgroßvater, der Si-Fu vom Si-Gung

Weitere chinesische Begriffe

  • Baart - Acht
  • Bo - Schritt ?
  • Bo-Lay-Tao - Kopf ?
  • Bok - Schulter
  • Boon - halb
  • Cheung - ?
  • Ching - Frontal
  • Chung - Aufladung
  • Dao - Messer
  • Dim - Punkt, Dim Ching - deutlich, Dim Dim = Alle Punkte
  • Dui - schauen
  • Faat - startet
  • Fook - Hand
  • Gee - Charakter, Ideogrammexternal link
  • Gow-Cha - Überkreuz, Kreuz und quer, durchkreuzen
  • Hau - hinten
  • Hui - weggehen
  • Joong-Sin - Zentralllinie
  • Jor - Links
  • Keung - kraftvoll
  • Kuen - Faust
  • Lat - Frei
  • Lau - halten
  • Loy - ankommen
  • Ping - kombiniere
  • Saam - drei
  • Sao-Jik - gerade
  • Shang - doppelt
  • Sum - Herz
  • Sung - begleiten
  • Yao - kommt
  • Yao - weich
  • Yat - eins, einzig
  • Yau - rechts
  • Yee - Zwei
  • Yeung - verschärfen, anziehen, straffen, zu ziehen
  • Ying - müssen
  • Yung - benutze

Inneres WingTsun

Ebenen der persönlichen Entwicklung

Allen Kampfkünsten ist gemeinsam, das sich der Schüler nicht nur körperlich, sondern auch gesellschaftlich und  geistig / seelisch weiterentwickeln sollte. Das ist auch schon in den Kuen-Kuits angelegt. Man unterscheidet drei verschiedene Ebenen:

  1. Körperliche Entwicklung Es geht um das handwerkliche Erlernen der Kampfkunst, die Beschäftigung mit meinem physischen Körper, und letztlich um Selbstverteidigung und -behauptung in Konfliktsituationen.
  2. Gesellschaftlichen Entwicklung in der Umwelt Es geht darum mit Klugheit, und Geschick / mit Strategie und Taktik den Alltag in der Gesellschaft in der du lebst zu überleben, und sich gegen andere durchzusetzen bzw. zu behaupten. Hier wird die Persönlichkeit, und das Ego entwickelt. Aber alles, was man sich an materiellen Dingen erarbeitet und gewinnt, ist nicht für ewig und damit am Ende wertlos. Das ist eine wichtige Erkenntnis. Letztlich geht es um Erfolg und Zufriedenheit im Leben. Aber jeder Mensch definiert letztlich für sich selber, was Erfolg bedeutet.
  3. Spirituelle Entwicklung Es geht um die eigene geistige/seelische Entwicklung.

Die Ebenen sind durchlässig, und nicht isoliert voneinander zu betrachten. Sie beeinflussen sich gegenseitig. Im Idealfall beschäftigt man sich mit allen drei Ebenen. Die meisten Menschen benötigen aber einen Reifeprozess, bevor sie die dritte Ebene überhaupt wahrnehmen.

In der dritten Ebene geht es für mich nicht darum etwas in mir zu besiegen. Schließlich bin ich nicht mit mir selber im Konflikt, oder gar im Krieg. Ich will lernen meine Stärken und Schwächen zu erkennen, und erstmal zu akzeptieren, und zu lieben wie, wer, und was ich bin. Wenn mir etwas an mir nicht gefällt, dann kann ich mich - davon ausgehend - auf den Weg machen es zu verändern. Ziel ist es das innere Gleichgewicht, die Mitte zu finden und zu erhalten. Seele, Verstand und Körper sind so im Einklang. Allerdings wird das nicht auf Dauer gelingen sondern bleibt ein immer währender Prozess. Drei Stichwörter dazu sind:

  1. Selbsterkenntnis
  2. Selbstakzeptanz
  3. Selbstveränderung

Am Anfang steht eine Bestandsaufnahme ohne jede Bewertung. Ich erfasse ganz nüchtern das Inventar, das meinen Charakter bis jetzt geprägt hat. Wer bin ich? Was zeichnet mich aus? Was ist typisch? Was macht mich einzigartig? Was ist mein Temperament, meine Talente, Stärken und Schwächen? Dabei können mir Instrumente zur Selbstreflexionexternal link  helfen, sowie das Feedback durch Freunde, um das gesamte Spektrum “Fremd- und Selbstwahrnehmung” abzudecken, und blinde Flecken aufzudecken.

Für eine Selbstveränderung sollte ich mir konkrete, erreichbare Ziele setzen. Eine Veränderung im Verhalten oder bei Gewohnheiten, das Erlernen und Einschleifen neuer Eigenschaften und Fähigkeiten. Dazu braucht es einiges an Mut, Disziplin und Willenskraft, aber auch sehr viel Geduld mit mir selber. Dinge die sich über lange Zeit eingeschliffen haben, lassen sich nicht einfach so abschalten und ersetzen. Es ist okay, wenn ich dabei auch mal drei Schritte zurück mache. Rückschläge gehören dazu. Hauptsache dranbleiben: “Steter Tropfen höhlt den Stein” :-) Es ist okay wenn ich mir dazu Unterstützung hole.

Spirituelle Entwicklung lässt sich - bzw. sollte sich - nicht auf die Mottos und Konzepte des WT  reduzieren. Ebene zwei ergibt sich, wenn ich in Ebene drei „im Fluss“ bin. Es geht letztlich immer darum loszulassen, und Veränderungen gegenüber offen zu sein, denn das einzige Beständige im Leben ist der Wandel, und so ist auch WingTsun.