Bildband konzipieren

Zuletzt aktualisiert am 24. Februar 2024 9 Minuten

Einen Bildband zu erstellen ist eine ziemlich komplexe und/aber sehr spannende Angelegenheit. Was ich versuche bei der Gestaltung eines Bildbands zu berücksichtigen, fasse ich hier zusammen. Grundsätzlich ist es eine gute Idee sehr, sehr viele Bildbände sehr aufmerksam an zu schauen, und herauszufinden warum sie gefallen. Für das Warum helfen die ganzen Hinweise unten vielleicht weiter. Das ganze ist ein dauerhafter Lernprozess, wie immer halt, deswegen ist auch dieser Artikel noch in Arbeit, und nicht fertig. Vielleicht hilft er dir trotzdem weiter. :-) Viel Erfolg mit deinem Bildband!

Meine Bildbände gibt es hier .

Vorbereitungen

Grundsätzliche Fragen die ich mir vor der Konzeption eines Fotobuches gestellt, und beantwortet habe könnte:

  1. Worum geht es in meiner Geschichte?
  2. Wie lautet der Titel des Projekts?
  3. Wie lautet der Titel des Buches?
  4. Welche Botschaft befindet sich auf den Fotos?
  5. Welche Botschaft befindet sich in den Texten, falls vorhanden?
  6. Wie wird die Geschichte erzählt? …in Bezug auf die Erzählung, nicht die Buchform.
  7. Gibt es hier wichtige Informationen für die Geschichte, die weder in den Fotos noch im Text enthalten sind?
  8. Gibt es andere Dinge, die neben Fotos und Texten in das Buch aufgenommen werden sollten? Was bedeuten diese?
  9. Was möchte ich das der Leser denkt / fühlt, nachdem er mein Buch angesehen hat?

Was sollte ich noch parat haben?

  1. Eine 10-15 minütige Präsentation des Projekts - ich sollte halt was darüber zu sagen haben.
  2. Vorschaudrucke 9x13cm oder 13x18cm.
  3. Alle zusätzlichen grafischen Materialien wie zB. Texte, Illustrationen, Archivbilder usw.
  4. Mein Lieblingsbuch / Inspiration. Das können auch gern mehrere sein.

Wie gesagt: Das kann, aber muss nicht. Bei mir gestaltet sich das zum Beispiel eher so:

Ich muss meine Bilder wie ein Puzzle zusammensetzen bei dem ich das Gesamtbild noch nicht kenne… …ich muss offen sein für ein Gesamtbild das sich erst durch den Prozess des Editierens ergibt. Ich muss offen sein, um alle Möglichkeiten die darin liegen, entdecken zu können. Ich muss immer bereit sein mich von meinen ursprünglichen Plänen zu trennen.

Die Konzeption eines Fotobuches erfolgt entlang folgender Leitlinie:

  1. Ordnung schaffen
  2. Auswählen
  3. Sequenzieren
  4. Gestalten

Ziele

  • Das Buch soll nicht unbedingt “akademisch” und “erklärbar” sein.

  • Der Betrachter braucht ne Struktur, damit er sich nicht verloren fühlt.

  • Er soll aber keine logische Ordnung finden!

  • Genau das zu schaffen ist halt die Kunst beim Edit.

  • Das Blättern soll Lust machen, es soll Überraschungen bieten.

  • Bilder sind wie die Sätze, Kapitel & Teile einer Story eines Schriftstellers. …

  • Es geht darum die richtige Form zu finden, und die Bilder lesbar zu machen.

  • Ich will einen Erzählfluß erzeugen.

  • Der Betrachter muss mitgenommen werden.

  • Der Betrachter darf durch Vergleich der Bilder etwas entdecken.

Bildauswahl / Kuratierung

Maximal 65 bis 70 Bilder sollte ein Buch in der Regel umfassen - eine Ausnahme wäre zB. eine Retrospektiveexternal link , die durchaus mehr Bilder enthalten kann, aber auch Bände mit weniger Bildern sind möglich. Um geeignete Bilder auswählen zu können, brauche ich am Besten die mehrfache Menge an Rohmaterial. Es ist extrem wichtig sich für die Kuratierung externe Unterstützung zu holen. Stichwort: Betriebsblindheit.

Das erste Ziel sollte erst mal sein Ordnung und Übersicht zu schaffen. Das vielleicht vorliegende Bilderchaos grob zu strukturieren und zu sortieren:

Strategien um Bilder aus zu wählen

  1. Bilder in einem kleineren Format (zB. 9x13cm oder 13x18cm) ausdrucken und auslegen.
    • Corona Tip: Digitale Whiteboards wie zB. Miroexternal link eigenen sich prima für die online Kuratierung, auch mit mehreren Leuten.
  2. Die absoluten Top Lieblingsbilder identifizieren, die unbedingt rein müssen.
  3. Kernbilder identifizieren.
  4. Cluster ähnlicher Fotografien bilden. Das stärkste auswählen. So vermeidet man Wiederholungen.
  5. Cluster von Bilderarten legen, um herauszufinden was die Story sein könnte, und was vielleicht nicht hinein gehört und die Story zerstört.
  6. “Listen to the photographs” - Was sagen die Bilder? Vielleicht ergibt sich eine ganz andere Geschichte als du geplant hast.
  7. Bilder identifizieren, die die Story unterstützen, ergänzen und stärken.
  8. Bei jedem Bild überlegen, was es neues zur Geschichte hinzufügt. Fügt es keine neues Aspekte hinzu, könnte es ein Kandidat sein der nicht ins Buch kommt.
  9. Anfangen kleine Sequenzen zu legen…
  10. Schauen ob sich diese Sequenzen verbinden lassen.
  11. “Kill your Darlings” beachten, auch wenn es weh tut…
  12. …repeat…

Schauen was auf dem Tisch liegt, und verschiedene Ebenen identifizieren. Zum Beispiel:

  • Menschen
  • Objekthaftes
  • Auflösendes abstraktes
  • Szenisches
  • Stilleben

Das ganze ist also ein kreativer Prozess:

  • Das Editing beruht auf intuitiven Prozessen
  • Es muss sich erst mal nichts logisch erklären
  • Wechsel von spontaner Intuition und bewusster Konzeption
  • Das braucht einiges an Erfahrung….

Du darfst gerne deiner Intuition folgen, es ist aber hilfreich die folgenden Regeln im Hinterkopf zu haben:

Struktur um die Bilder in eine Form zu bringen

Dabei habe ich verschiedene Möglichkeiten die Bilder zu sequenzieren:

  1. Einfach zu komplex
  2. Chronologisch, oder durcheinander
  3. Doppelbilder bilden / planen (verdichten)
  4. Ergänzen oder kontrastieren
  5. Bild im Bild, oder alleine
  6. Komplexe Bilder alleine (Bei komplex neben einfach sucht sich der Betrachter immer die einfachste Lösung, das komplexe Bild geht unter)

Konzepte um Bilder gegenüber zu stellen:

  • Kontrast, Gegenteil
  • Harmonieren, Wiederholung

Die Doppelseite ergibt ein Gesamtbild, oder eine Fortsetzung, oft auch beides. Zu „dichte Bilder“ besser alleine stellen (zB. Bild im Bild, Doppelbilder). Bei Fotografien interessieren drei Ebenen:

  1. Innovativer Gehalt
  2. Emotionaler, persönlicher Gehalt
  3. Bildgestaltung

oder anders:

  1. Visuelle Kraft
  2. Erzählerisch
  3. Emotional

Mindestens einer der Punkt sollte erfüllt sein, damit das Bild in den Band darf. Werden alle Punkte erfüllt, um so überzeugender :-)

Edit der kompletten Bildband Story

  • Eine Gesamtform bilden.

  • Zusammenhalt, ohne langweilig und eintönig zu werden.

  • Vom Besonderen zum Allgemeinen.

  • Auf ne Pointe hin arbeiten.

  • Rein visuell… Kamerafahrt anstreben (nah dran und weit weg…).

  • Verschiedene Bauformen der Bilder, wenns geht.

  • Radikale PerspektivWechsel funktionieren meist nicht.

  • Abwechslung in der Farbigkeit.

  • Stillleben mit Portraits und Landschaften abwechseln.

  • Aufgeräumt mit nicht aufgeräumt.

  • Thematische Abwechslung.

  • Kapitel bilden - aber bitte nicht einfach gleiche Bilder zusammen packen!

  • Bilder atmen lassen - Freiräume.

  • Große Seiten Vollbild, zum reinspringen.

  • Bühnenhafte Bilder gern mit Rahmen.

  • Anfang und Schluss.

  • Mit einem starken Bild anfangen.

  • Cliffhanger am Ende.

Texte im Bildband

  • Die Reihenfolge von Text und Bild ist wichtig.
  • Zu viel Text neben dem Bild: Das Bild wird zur illustration des Textes.
  • Texte und Bilder schwächen sich, wenn der Text nicht das widerspiegelt was ich auf den Bildern sehe.
  • Vielleicht eher kurze Statements / Zitate,…
  • …oder den Text in den Anhang, vielleicht sogar zum ausklappen damit er beim Blättern sichtbar ist.

Gestalten des Buches

Das Layout bzw. die Gestaltung des Buches schafft eine eigene Wahrnehmung. Gute Bilder alleine machen noch kein gutes Buch. Es soll eine haptische Qualität haben, so das man es gerne anfasst und darin blättert. Alle gestalterischen Entscheidungen sollten die Story des Buches unterstützen.

  • Konsequent und entschieden im Layout.
  • Nicht zu viele Seiten-Layout Varianten.
  • In das Layout sollte auch eine Struktur rein.

Das Bildband Format festlegen

  • Hochformat - ist “dichter”.
  • Querformat - hat mehr Raum.
  • Quadrat - der Allrounder.
  • Seitenverhältnis.
  • Größe.
  • DIN A… Formate gern vermeiden. Die sind weit verbreitet und etwas langweilig.

Papier und Bindung

Hier gibt es einiges zu entscheiden:

  • Matt, glänzend, oder seidenmatt.
  • Oberflächenbeschaffenheit / Struktur des Papiers.
  • Papiergewicht.
  • Umschlag, oder bedrucktes Cover, geprägte Buchdeckel,…
  • Softcover, Hardcover
  • Die Haptik ist wichtig. Das Buch muss sich gut anfassen und blättern lassen.

Layout erstellen

  • Ein Layout-Rasterexternal link machen.
  • Ein schwarzer Hintergrund braucht Raum, verstärkt die Farben.
  • Subjektiver Blick: Ohne Rand, saugt einen rein, besonders bei Bild über Doppelseite.
  • Auf einer Doppelseite schafft ein weißer Abstand zwischen zwei Bildern eigene Bildräume bzw. trennt diese. Die Bilder bilden dann keine Einheit.
  • Die anderen gerne mit Rand bzw. Passepartouts.
  • Ein Rahmen um ein Bild schafft Distanz.
  • Weiß als Hintergrund kommt recht aggressiv rüber, gern auch getönte Papiere ausprobieren, oder gefärbte Hintergründe.

Typografie im Bildband

Welche Schriftart - nienieniemals Comic Sansexternal link verwenden!!! - Schriftgröße, Zeilenabstand, Farbe,… verwende ich. Das volle Programm…

Fortsetzung folgt :-)

Druckereien

Empfehlenswerte und „preisWerte“ Druckereien für kleinere Auflagen:

Inspiration

Buch finanzieren

Buch verkaufen / gesetzliche Vorgaben

Sonderthema Portfolio

In das Portfolio gehören…

  • Maximal 10 -> 20 -> 30 Bilder
  • 3-5 BestOf aus Serien (also keine kompletten Serien)

Die Auswahl…

  • Bilder die unbedingt rein sollen: Mit den absoluten Top 10  anfangen.
  • Zweite Wahl: Dann ein paar Betabilder.
  • Dritte Wahl: Und ein paar „weiß nich“.

Das Edit folgt den Regeln für die Erstellung von Serien und Büchern. Dabei ist folgende lax formulierte Struktur vielleicht hilfreich:

  • gern starten mit einem “Schlag in die Fresse
  • gefolgt von einem guten Bild
  • gefolgt von einem Megaknaller
  • gefolgt von einem guten Bild
  • Am Schluss nochmal ein finaler Bums

Übergangsserie schaffen falls die Mappe auseinander fällt. Zwischen Inszeniert und Reportage könnte zB. ein Übergang geschaffen werden…

  • Thematisch über Farbe, Bildgestaltung …
  • Ein Stillleben kann zwischen zwei Reportagen vermitteln.

Die Kunst ist es einen inneren Zusammenhang hin zu bekommen, und einen Flow. Das Portfolio soll wie ein gutes Gespräch sein. Die Mappe soll als Gesprächsleitfaden dienen.