Portraitplastik reloaded
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In den letzten Wochen habe ich wieder an einer Portraitplastik gearbeitet. Ich wollte mal schauen ob ich das Thema vom letzten Mal weiterentwickeln kann, und tatsächlich, es hat sich etwas verändert obwohl ich mich zwischenzeitlich nicht mehr mit dem Thema beschäftigt habe.
Wieder wurde nach einem lebenden Model geformt. Diesmal hat sich Tina geduldig im Kreis drehen und betrachten lassen. Zunächst habe ich noch versucht möglichst nahe am Original zu arbeiten, aber irgendwann im Verlaufe des zweiten Tages habe ich festgestellt das sich mein Portrait wo anders hin entwickelt.
Tatsächlich war es so das alles was ich bei meiner ersten Skulptur gelernt hatte noch da war, obwohl fast 12 Monate dazwischen liegen. Ganz intuitiv habe ich mich dieses mal um andere Details gekümmert. Augen, Nase und Ohren sind viel detaillierter, wenn auch noch nicht ganz zufriedenstellend. Auch Kinn und den Übergang zum Hals habe ich mehr herausgearbeitet. Auf den folgenden Fotos lässt sich der gesamte Prozess der Geburt noch einmal nachvollziehen.
Von den Holzkreuzen, die auf dem ersten Foto noch sichtbar sind habe ich mich schnell getrennt da sie mich behindert haben. Es ist halt so das im kreativen Prozess alles kann, aber nichts muss.
Beim Patinieren habe ich diesmal darauf geachtet wieder einen ähnlichen Look hinzubekommen wie bei meiner letzten Skulptur. Nach dem ich dem Gipskopf über den Tag den letzten Schliff gegeben hatte, war es auch dieses mal beim Patinieren wieder viel zu dunkel. Ich war diesmal aber mutiger weil ich wusste was mich erwartet wenn ich dieses Gemisch aus den Ausscheidungen von Blattläusen und Spiritus auftrage. Der Schellack dient übrigens nicht nur zum verschönern der Plastik, sondern hat auch eine Schutzfunktion: Er macht das Kunstwerk unempfindlicher gegen Feuchtigkeit. Ich hab mir diesmal auch sofort den Nuller bereitgestellt um mit dem Pinsel wieder großzügig abtragen und vermalen zu können, sowie die schönen grünen Pigmente, die ich vorab mit Spiritus gemischt habe. Gleichzeitig habe ich auch ab und zu versucht die Patina mit dem Lappen weg zu wischen, was aber nicht so günstig ist weil dann Abrisskanten auf der Oberfläche entstehen. Letztlich ist es ja ein bemalen in 3D, das bedeutet man kann mit der Patina an Höhen Glanzpunkte setzen, und die tiefen Stellen abdunkeln. Das habe ich dieses mal bewusst probiert. Allerdings bin ich mit dem Ergebnis noch nicht zufrieden, und ich hoffe in den kommenden Wochen noch daran Nachbessern zu können.
Was mir sehr gut gefällt ist die gesamte Ausstrahlung, und das sie verschiedene Seiten hat. Jetzt wo die Portraitplastik fertig ist sehe ich schon wieder ganz viele Stellen an denen ich am liebsten anders gearbeitet hätte. Als nächstes ist jetzt wohl die Ganzkörperskulptur dran, und ich bin schon ganz gespannt darauf — das stellt mich vor ganz neue Herausforderungen. Schön wäre jetzt ausserdem noch wenn ich mich etwas von „klassischen“ Stil weg entwickeln würde, auch wenn es hier noch viel zu lernen gibt.
Spannend ist für mich die Frage wann wird eine Plastik eigentlich weiblich, und wann trägt sie männliche Züge. Was macht den Unterschied aus?
Danke an Tanja und alle Beteiligten für das lehrreiche, spannende und lustige Seminar, und an Helmut für die Fotos dawo ich mit drauf bin.
Dieser Artikel wurde erstmals 2012 auf meinem blog glimpse-of-life.de veröffentlicht.